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Ein Vorgarten für alle Jahreszeiten

Ein Beet für alle Jahreszeiten
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Ein Vorgarten für alle Jahreszeiten

Vorgärten fristen oft ein Mauerblümchendasein – nicht bei Gartengestalterin Anne Forster: Sie lässt ihr Vorgartenbeet charmant während jeder Saison aufblühen. Sie teilt ihr reiches Pflanzenwissen mit uns und gestaltete für den «Schweizer Garten» ein Vorgarten für alle Jahreszeiten.

Die ersten Sonnenstrahlen verbreiten ein mystisches, milchiges Licht und tauchen die Landschaft frühmorgens in Weiss, Silber und kaltes Zitronengelb. Dieses Bild wollte ich beim Öffnen der Haustür vor Augen haben. Die Realität sah allerdings anders aus: Ein schnurgerader Weg in der Mitte, zur linken Seite gesäumt von einem Beet, so schmal wie eine Regenrinne, auf der rechten Seite eine Rabatte, die punkto Form und Bepflanzung an einen Miststock erinnerte. Hier sollte ein Vorgarten für alle Jahreszeiten entstehen. Nach einem Gärtnereinsatz mit dem Bagger weitete sich die «Regenrinne» in einem eleganten Bogen zur Strasse hin auf 2,5 m aus. Eingefasst wird die neue Pflanzfläche von einem das Gefälle ausgleichenden Stahlband. Gegenüberliegend begleitet ein Inselbeet den Weg und markiert den Übergang zur Garageneinfahrt. Bestehen blieb nur das kleine Beet zwischen Hauseingang und Garage.

Erstbepflanzung «Silbersonne»

Mit viel kaltem Gelb, Silber, hellem Grün und Weiss sollte das silbrige Morgensonnenlicht Einzug in unseren Vorgarten halten. Eine Zaubernuss (Hamamelis intermedia ‘Pallida’) verdeckt die Sicht auf die Strasse und zaubert schon ab Ende Dezember zitronengelbe Tupfer in den Garten. Darunter breitet sich ein Teppich aus Taubnesseln (Lamium maculatum ‘White Nancy’) aus. Unmengen von weissen Blüten leuchten über den silbergrünen Nesselblättern. Ein Band aus Tautropfengras (Sporobolus heterolepis ‘Wisconsin Strain’), versetzt mit Grünem Sonnenhut (Echinacea purpurea ‘Green Jewel’) und Frühlingssternblumen (Triteleia ixioides ‘Starlight’), ist als Wegbegleiter gepflanzt. Im Herbst entfaltet das Perlkörbchen (Anaphalis triplinervis ‘Sommerschnee’) seinen Blütenschaum, während eine weiss blühende Katzenminze (Nepeta racemosa ‘Snowflake’) unermüdlich im schmalen Bereich des Beetes blüht.

Verbindung durch geschickte Bepflanzung

Wie ein Springbrunnen streben die Halme des Hirschgrases (Muhlenbergia rigens) vor dem Geländer in die Höhe. Ganzjährig setzen gelb blühende Lenzrosen (Helleborus orientalis ‘Yellow Lady’) und Purpurglöckchen (Heuchera villosa ‘Citronella’) tolle Akzente, ihre Blätter behalten im Winter die Farbe. Im Inselbeet zeigen wintergrüne, blassgelb blühende Binsenlilien (Sisyrinchium striatum) ihre Blütensternchen zwischen Tautropfengras und Katzenminze. Abgegrenzt wird das Beet von einer Eibenhecke (Taxus media ‘Hillii’), hinter der sich Pflanzkistchen und Töpfe verstauen lassen. Aus der Eibenhecke ragt eine Felsenbirne (Amelanchier lamarckii ‘Rainbow Pillar’) und schafft dank ihrer Höhe eine Verbindung von Haus und Garage.

Kontinuität und Wandel

Der Wegfall der Zaubernuss, die mit dem Standort nicht zurechtkam, schaffte Platz für viele andere Stauden, die wir in diesem Beet testen wollten. Die Tautropfengräser beschränken sich nicht mehr auf ein Band entlang des Weges, sondern sind über die ganze Fläche verteilt. Dazwischen finden immer wieder Neuzugänge ein Plätzchen, sodass sich der Bepflanzungsstil von einer Blockpflanzung fast unmerklich zu einer Matrixbepflanzung gewandelt hat. Von Letzterer spricht man, wenn eine Art – hier das grazile Präriegras Sporobolus – oder wenige Arten die überwiegende Mehrheit der Biomasse ausmachen. Sie sollen während der ganzen Vegetationszeit ansprechend aussehen. Eine grosse Anzahl von Arten und Sorten in kleiner Stückzahl werden in diese Grundmatrix eingestreut. Wir machten die Erfahrung, dass sich die jetzt viel artenreichere Bepflanzung als keineswegs pflegeaufwendiger erwies. Auf jeden Fall sieht sie weniger geordnet und damit naturnaher aus, was uns durchaus entspricht.

Akzente mit Himmelstürmern

Die Zaubernuss haben wir mit einer Prunkspiere (Exochorda macrantha ‘The Bride’) ersetzt. Zusammen mit der Felsenbirne und einer Weidenblättrigen Birne (Pyrus salicifolia) stehen sich die laubabwerfenden Gehölze in einem Dreieck gegenüber. Einen ganzjährig dunkelgrünen Hintergrund bildet die Eibenhecke, die sich neu in einer eleganten Bogenform präsentiert. Die Clematis viticella ‘White Prince Charles’ deckt nicht nur die junge Prunkspiere, sondern mischt sich auch munter unter die Bodendecker. Ein Beet für alle Jahreszeiten zeichnet sich auch durch höhere Stauden und Zwiebelpflanzen (Geophyten)aus, die Akzente setzen. So erregt im Juni die hellgelbe Steppenkerze (Eremurus stenophyllus) Aufsehen. Ein 2-jähriger Fingerhut (Digitalis purpurea ‘Alba’) leuchtet vor der Eibenhecke.

Durch Blütentunnel ins Haus

Später bildet eine Gruppe Königskerzen (Verbascum chaixii ‘Wedding Candles’) einen dichten Sichtschutz. Wunderbar zitronenfaltergelb lehnt sich die Russische Stockrose (Alcea rugosa) ans Geländer und blüht nach dem Rückschnitt bis zum Herbst munter weiter. Den Jasminblütigen Nachtschatten (Solanum jasminoides) decken wir im Winter mit Tannenzweigen ab. Dies scheint ihm zuzusagen, denn er wächst uns buchstäblich über den Kopf und breitet sich bis aufs Garagendach aus. Wie durch einen Blütentunnel mit dem Nachtschatten auf der einen und dem Gewirr des Bronzefenchels (Foeniculum vulgare ‘Atropurpureum’) auf der anderen Seite gelangt man ins Haus.

Schleierwolken über Fussvolk

Verhüllend und verbindend wirken in der mittleren Vegetationsschicht die luftigen Schleier von Fenchel, Sichelblättrigem Hasenohr (Bupleurum falcatum) und Eberraute (Artemisia procera). Silbergrau wolkig ist das zarte Laub der Artemisia, während die vielen hellgelben Blüten von Hasenohr und Mittelmeerfenchel (Foeniculum vulgare) Sonnengefunkel vorgaukeln. Neu zum Fussvolk gesellt sich die halbkugelige, graulaubige Steppen-Wolfsmilch (Euphorbia seguieriana ssp. niciciana), die seit einer Studienreise ins oberbayerische Weihenstephan zu meinen Lieblingspflanzen gehört. Ihre dauerhaft giftgelben Blüten leuchten über viele Wochen an drei verschiedenen Stellen im Beet in einem grossen Strauss. Über die ganze Vegetationszeit bildet das Gelb der neu gepflanzten Seggen einen Blickfang. Bleicht das höhere Carex hachijoensis ‘Evergold’ im Winter etwas aus, bleibt uns die Sorte ‘Everillo’ als kleiner grüngelber Sprudel erhalten.

Dottergelb statt zitronengelb

Nicht überzeugt hat uns die Heucherasorte ‘Citronella’. Da die Blätter immer wieder braun wurden, ersetzten wir sie mit der unkomplizierten Heuchera villosa var. macrorrhiza und dem leuchtend gelben Origanum vulgare ‘Aureum’. Auch der Grossblütige Ziest (Stachys macrantha ‘Alba’) bewährt sich in unserem Beet, während eine zauberhafte kleine Nelke (Dianthus knappii) mit hellgelben Sternblüten ihre Langlebigkeit noch beweisen muss. Dass wir zweimal dottergelbe Steppenkerzen anstatt der bestellten zitronengelben Art Eremurus stenophyllus geliefert bekamen, ist ärgerlich, mussten sie doch wieder ausgegraben werden. Auch bei den Frühlingssternblumen (Triteleia ixioides) erwies sich die hellgelbe Sorte ‘Starlight’ als blau blühende ‘Königin Fabiola’. Weil sie jedoch so wunderschön sind und letztlich das Blau des Himmels symbolisieren, dürfen sie bleiben.

Der Reigen der Jahreszeiten

Das Frühjahr beginnt mit dem Geophytenreigen. Manchmal zeigen sich Krokusse (Crocus chrysanthus ‘Gipsy Girl’) gleichzeitig mit der Gelben Zwerg-Iris (Iris danfordiae) schon Ende Januar. Weisse Strahlenanemonen (Anemone blanda ‘White Splendour’) folgen dem Weg als weisser Fluss im Februar und März. In kleinen Grüppchen blühen von April bis Mai verschiedene Narzissen, so Narcissus triandrus ‘Stint’, N. poetaz ‘Silver Chimes’ oder die kleine historische ‘Rip van Winkle’. Gleichzeitig versuchen sich Gelbe Hundszähne (Erythronium ‘Pagoda’) gegen die Schnecken zu behaupten.

Silbersonne bleibt erhalten

Den krönenden Abschluss der Zwiebelpflanzen bilden die Riesenkerzen der Schmalblättrigen Steppenkerze (Eremurus stenophyllus). Wandelt sich der Garten im Jahresverlauf in Bezug auf Pflanzenhöhe und Üppigkeit, bringt nur die rötliche Herbstfärbung der Tautropfengräser einige Abendsonnenstrahlen in den Garten. Sonst bleibt die Silbersonnen-Farbpalette auch im Winter erhalten. Mag die Sonne einmal nicht hervorkommen, tupfen die gelben Blätter von Purpurglöckchen, Gold-Oregano und Seggen zusammen mit den Lenzrosenblüten weiterhin Morgensonne in den Garten.

 

Text & Fotos Anne Forster-Mollinet, Secret Gardens

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Ein Vorgarten für alle Jahreszeiten

2 Kommentare
  • Ich als Hobbygärtner habe mich sehr über den Bericht gefreut. Darin wird mehrfach der Name «Katzenminze» (Nepeta racemosa ‘Snowflake’) erwähnt. Bis heute wusste ich nicht, ob dieser Name tatsächlich etwas mit Katzen zu tun hat oder nicht. Hab nun recherchiert und folgendes herausgefunden (für jene Leser, die das auch interessiert): Ihren Namen erhielt die Katzenminze von ihrer Anziehungskraft auf Katzen. Dabei sind aber nicht nur Katzen wild nach der Pflanze – auch Löwen, Luchse und andere Wildkatzen berauschen sich am Geruch der Minze. Die meisten Unterarten der Gattung wachsen in trockenen Gegenden in Europa, Asien und Nordafrika.

    15. Dezember 2022 at 14:49

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