Alte Sorten im Garten
Vom Ewigen Kohl bis zum Weissen Borretsch: Seit bald 2 Jahrzehnten kultiviert Peter Ochsner mit Leidenschaft und Sorgfalt über 100 alte Sorten im Garten.
Plötzlich nimmt die holprige Kiesstrasse oberhalb von Heiden (AR) ein Ende. Als der Motor verstummt, bleibt nichts als Stille. Mitten auf der Wiese steht ein altes Appenzellerhaus, vis-à-vis liegt der Garten. Es ist ein Bild der Idylle: Am Zaun ranken sich blühende Rosen hoch, unter einem knorrigen Apfelbaum hat ein blauer, von der Sonne ausgebleichter Tisch seinen Platz. Rundherum ein paar rote Gartenstühle.
Alt Sorten im Garten
Am Baumstamm lehnen Pendelhacke, Spaten, Schaufel, Rechen – alles, was es braucht, um einen 1500 m2 grossen Gemüsegarten zu bewirtschaften. In Nullkommanichts fühlt sich die Besucherin komplett geerdet. Was für ein friedlicher, paradiesischer Ort! Scheinbar aus dem Nichts taucht Peter Ochsner auf. Er ist ein Mensch der leisen Töne. Feingliedrig und grossgewachsen, mit Gummistiefeln und Kapuzenpulli, auf dem Kopf einen Strohhut. Er geht voraus und zeigt mit Freude seine alten Sorten im Garten.
Sortenvielfalt am Leben erhalten
Die Stille wird von drei aufgeregt schnatternden Laufenten unterbrochen. Nach dem heftigen Platzregen, der gerade erst ein Ende gefunden hat, watscheln sie auf der Suche nach Schnecken hocherhobenen Hauptes durch den Gemüsegarten und entschwinden zwischen Etagenzwiebeln (Allium x proliferum), Perllauch (A. ampeloprasum) und Grünspargeln (Asparagus officinalis). Auf Schritt und Tritt gibt es Neues zu entdecken. Peter weiss viel über seine Pflanzenschützlinge zu erzählen. Er zeigt verschiedene Kohlgewächse wie den Ewigen Kohl (Brassica oleracea var. ramosa) oder den Blattkohl ‘Cime di Rapa’, der bereits innerhalb eines Monats erntbar ist. Daneben Sibirischer Federkohl (Brassica napus var. pabularia), Weisser Borretsch (Borago officinalis Alba) und Spargellattich (Lactuca sativa var. angustana), dessen Hauptspross an den Geschmack von Spargeln erinnert.
Ganzer Zyklus des Anbaus
Mit seinem Sortengarten will Peter dazu beitragen, das Wissen um die alten Gemüsesorten wieder unter die Leute zu bringen, sie für die alten Pflanzenschätze zu sensibilisieren und zu begeistern. Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Gemüsegarten geniessen in seinem grünen Reich alle Pflanzen das Privileg, blühen zu dürfen. Für ihn ist klar: Zum Gemüsegärtnern gehört nicht nur das Ernten, sondern der ganze Zyklus des Anbaus.
Schönste Exemplare blühen lassen
Bereits vor 24 Jahren schloss sich Peter Ochsner der Stiftung Pro Specie Rara an und ist seit vielen Jahren als Sortenbetreuer aktiv. In seinem Garten wachsen heute über 100 verschiedene Gemüsearten und -sorten, ebenso Getreide wie der ‘Schwarze Grannendinkel’, Zierpflanzen wie der Blaue Waldmeister (Asperula orientalis) oder verschiedene Beerenraritäten. Natürlich erntet Peter nicht nur das Saatgut, sondern rund ums Jahr auch Gemüse für die Küche. Täglich gibt es überdies einen grünen Smoothie, sei es mit Kohl, mit den Blättern des Guten Heinrichs (Chenopodium bonus-henricus) oder des Baumspinats (C. giganteum). Die schönsten Exemplare sind allerdings nicht für die Küche bestimmt – diese lässt er stehen, bis sie blühen und Samen angesetzt haben.
Text & Foto Caroline Zollinger
Weitere Infos und die aktuelle Sortenliste von Peter Ochsners Sortengarten gibt es hier
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