Vogelfütterung im Winter
Gerne versorgen wir die Vögel mit Futter, wenn es draussen kalt und alles in eine weisse Schneedecke gehüllt ist. Aber sind sie überhaupt auf eine Vogelfütterung im Winter angewiesen?
Futterverkäufer plädieren dafür, Vögel das ganze Jahr über zu füttern. Die Briten etwa lieben die gefiederten Zweibeiner so sehr, dass sie dies noch so gerne tun – mit der Folge, dass gewisse Vogelarten nicht mehr gen Süden ziehen, da an ihrem Sommerstandort ein ausreichendes Nahrungsangebot vorhanden ist. Nun wurde gar beobachtet, dass einige dieser Kurzstreckenzieher im Herbst nicht etwa Richtung Spanien fliegen, was normal wäre, sondern sich auf den Weg nach Nordwesten machten.
Unterschiedliche Meinungen
Nicht nur deswegen gehen die Meinungen bezüglich Winterfütterung stark auseinander. Vögel, die bei uns überwintern, können nämlich gut mit der Kälte umgehen und sind biologisch gesehen nicht auf Futter angewiesen. Zudem werden durch die Fütterung an bestimmten Orten Krankheiten übertragen: Der Bestand an Grünfinken ist geschrumpft, weil die Tiere sich gegenseitig mit Trichomonose infizieren. Ein Futterhaus im Siedlungsgebiet zieht zudem nur die dort häufig vorkommenden Vogelarten wie Spatzen, Blau- oder Kohlmeisen sowie Distel- und Buchfinken an. Ein Wintergoldhähnchen wird man hier kaum sehen, ernährt es sich doch ganzjährig von weichhäutigen Insekten und Spinnen. Eine englische Studie kommt allerdings zum Ergebnis, dass das Füttern nicht nur wenigen, sondern mehr als der Hälfte aller in England vorkommenden Vogelarten hilft. Trotzdem macht es Sinn, im Winter – und insbesondere durchs ganze Jahr – eher zurückhaltend und ausserdem tiergerecht zu füttern: Stark fetthaltiges Futter wie Meisenknödel kann den Bruterfolg von Meisen deutlich reduzieren. Ausserdem sollten die Knödel nicht im Netz aufgehängt werden, da die Tiere mit den Krallen daran hängen bleiben können.
Natürlich ist am besten
Trotz all dem Pro und Contra: Es macht Freude, die kleinen Piepmätze vom Fenster aus beim Picken der Körner zu beobachten, sind sie doch nie so zutraulich wie in diesem Moment. Den Tieren zuliebe sollte man in seinem Garten auch Alternativen zu Futter aus dem Handel anbieten: etwa einheimische Sträucher wie Wildrose, Gemeiner Schneeball (Viburnum opulus), Vogelbeere (Sorbus aucuparia) oder Pfaffenhütchen (Euonymus europaeus). Die Früchte werden von Amsel und Star oder vom aus dem Norden bei uns überwinternden Seidenschwanz geliebt. Samenstände von Stauden wie Wilde Karde (Dipsacus fullonum), Distelarten (Echinops, Eryngium), Sonnenhut (Echinacea) oder Ziergräsern – es müssen nicht nur einheimische sein – sollte man den Vögeln zuliebe stehen lassen, ausser es handelt sich um Neophyten. In den Samenständen von Brandkraut (Phlomis) finden die Vögel nicht nur Samen, sondern auch überwinternde Insekten. Amseln lieben Äpfel, die man im Garten auslegt. Am Baum sollte das Obst jedoch nicht hängen bleiben, da so Krankheiten ins nächste Jahr verschleppt werden können.
Text & Bild: Brigitt Buser