Kreativ einwintern
Das spätherbstliche Aufräumen im Garten ist genau wie der Frühjahrsputz im Haus eine traditionelle Angelegenheit.
Der Übergang von der dritten zur vierten Jahreszeit gibt uns die Möglichkeit, den Garten mit zwei, drei Pflegedurchgängen für den kommenden Winter fit zu machen. Doch leider dröhnen zu oft laute Laubbläser, und so mancher Gartenbesitzer räumt alles, was nur ein wenig trocken aussieht, bis in den hintersten Winkel des Gartens ab. Das ganze wertvolle organische Material landet dann in der Grünabfuhr. Eigentlich schade, denn mit etwas Kreativität kann neben dem Abräumen so einiges, was zwar verblüht, jedoch noch standfest ist, einfach stehen gelassen oder auch mal aufgebunden werden. Wir erhalten dadurch schöne Winterbilder mit vielen attraktiven Samenständen, die sich von den ersten Frosttagen an mit Raureif überzogen in ihrer ganzen Schönheit offenbaren.
Ordnung der Natur
Der Ordnungssinn ist bei vielen Gartenbesitzern sehr ausgeprägt. In einem naturnah gepflegten Garten sollten wir aber bei unserer Aufräumaktion unbedingt daran denken, dass wir viele Kleintiere beherbergen, die sich für den Winter ein geschütztes, wohliges Plätzchen einrichten. Gerade diese Tiere benötigen einen Unterschlupf: ein Asthaufen für den Igel, Laubhaufen für den Bergmolch und die Kröte oder trockene Blütenstängel und stehen gelassene Wiesenstreifen für Wildbienen und Schmetterlingslarven. Bei Biotopen und Teichen macht das Abräumen von abgestorbenem Pflanzenmaterial allerdings Sinn – wir verhindern damit die Verlandung und das totale Zuwachsen der Wasserfläche. An Ruderalstandorten, die auch in Zukunft eher mager bleiben sollten, ist ein sanftes Wegräumen von trockenem Pflanzenmaterial ebenfalls angebracht.
Natürliches Vogelfutter
Die gefüllten Samenstände vieler Blütenstauden wie die von Wegwarte (Cichorium intybus), Distel (Carduus), Wilder Möhre (Daucus carota subsp. carota) oder Wiesenknopf (Sanguisorba) sind eine willkommene Nahrungsquelle für Meisen und Finken. Es ist immer eine grosse Freude zu beobachten, wie der bunte Distelfink (Stieglitz, Bild) mit grosser akrobatischer Leistung kopfüber an den Samenständen herumturnt, um an die natürlich gewachsene Nahrung heranzukommen. Distelfinken ziehen meist ab Herbst in kleinen Schwärmen durch die hiesige Landschaft und gehören zu den traditionellen «Körnlipickern» unserer einheimischen Vogelarten.
Gräserskulpturen
Hochwachsende, standfeste Gräser wie die Rispenhirse (Panicum) oder Chinaschilf (Miscanthus) können wir jetzt mit einer starken Hanfschnur fest zu Büscheln zusammenbinden. Einfach bis dreifach zusammengebunden oder sogar gezöpfelt: Unsere Gräserskulpturen verzaubern den Garten mit einem Quäntchen Humor und verleihen den winterlichen, meist leer wirkenden Beeten etwas Struktur in der vierten Jahreszeit. Die trockenen Gräserhorste bieten zudem Unterschlupf für viele Kleintiere. Sobald im Frühling der neue Austrieb sichtbar wird, bleibt noch genügend Zeit, um die Gräser zurückzuschneiden. Auf dem Eulenhof verwenden wir das Schnittgut gerne als Mulchmaterial, etwa für die Himbeerstauden.
Text & Bild: Eulenhof Möhlin