
Ein Bauerngarten zum Verlieben
Auf den ersten Blick wirkt das grüne Reich von Elisabeth Stöckli wie ein ganz normaler Bauerngarten. Doch das täuscht: Hier wächst das Gemüse auch zur Zierde. Und im Licht des Spätsommers leuchten spezielle Pflanzenschätze um die Wette.
Am frühen Morgen taucht die Sonne den Garten im bernischen Riggisberg in ein goldenes, fast herbstliches Licht. Tautropfen hängen an den Gräsern, die Dahlien glühen gelb in der Morgensonne. Auf der Ostseite des Bauernhauses pflanzte Elisabeth Stöckli vor Jahrzehnten Buchsbordüren und Buchskugeln – wie vor so vielen Bauernhäusern im Bernbiet. Doch so keck und mutig wie hier sind nur wenige dieser Gärten. Die Bepflanzung wirkt unaufgeregt modern. Etliche Pflanzen mit purpurfarbenen Blättern wachsen hier, etwa Holunder (Sambucus nigra ‘Black Lace’) und Perückenstrauch (Cotinus coggygria ‘Royal Purple’). Im Morgenlicht leuchten sie umso mehr.
Dunkles Laub bevorzugt
Wie kommt Elisabeth Stöckli auf ihre Pflanzenkombinationen? Manchmal brauche es auch etwas Mut. Seit 2 Jahren pflanzt sie dunkelfarbigen Federkohl in die Zierpflanzenbeete. «Die purpurvioletten Blätter passen perfekt.» Das Gemüse wächst jedoch zur Zierde. Schon ihre Mutter habe einen guten Sinn für Farben gehabt, sie habe gemalt und gestrickt. Die Tochter arrangiert die Farben nun im Garten. Gerne versucht sie immer wieder etwas Neues. Beispielsweise vor ein paar Jahren, als sie einen dunkellaubigen Holunder von einer Reise aus Frankreich mitbrachte – «damals ein kleiner Strauch». Heute rundet das mehrere Meter hohe Exemplar das harmonische Bild schön ab. Gerade Wege, die durch die etwa 30 cm hohen Buchseinfassungen abgegrenzt sind, unterteilen den Garten. Ein Pavillon dient als Gerüst für rankende Rosen und Prunkwinden (Ipomoea). Gekonnt und unaufdringlich stellt Elisabeth einzelne Statuen oder schöne Töpfe in Szene. Die Hauptrolle aber spielen die Pflanzen. Struktur geben neben den Buchshecken und -kugeln auch drei mannshohe Wacholdersäulen. «Sie sehen vor allem im Winter mit Schnee toll aus», meint die Gärtnerin. Immer wieder begegnet man dunkellaubigen Dahlien, die nicht nur gelb, sondern auch rosa blühen. In der Spätsommersonne fällt etwa die Sorte ‘Bishop of Leicester’ auf. Die Hausherrin liebt Dahlien. Jedes Jahr macht sie sich deshalb die Mühe, die Knollen im Frühling in den Boden zu bringen und im Herbst wieder einzuwintern. Sie tut es den Dahlien zuliebe, aber auch wegen des harmonischen Gesamtbilds in ihrem untypischen Bauerngarten.
Text & Bild: Thomas Jan Pressmann